Thema des Workshops "VR/AR-Learning"
5. September - 8. September 2017 in Chemnitz
im Rahmen der DeLFI 2017
Virtual Reality bzw. Virtuelle Realität (VR) ist ein Sammelbegriff für ein breites Spektrum interaktiver Computersimulationen. Diese erfassen einerseits die Aktivitäten von Nutzern gegenüber dem IT-System und stimulieren andererseits mit ihrem Feedback verschiedene Sinne der Nutzer, so dass eine subjektive Wahrnehmung/Empfindung von Anwesenheit (Präsenz) in der Simulation entsteht. Eine VR-Sonderform stellt die Augmented Reality (AR) dar, bei der Fokus der Nutzer zwar in der physischen Realität verbleibt, diese jedoch um virtuelle Artefakte und Informationen erweitert wird.
Bis vor wenigen Jahren spielte VR
vor allem im militärischen und zivilen Trainingsbereich, der
Produktentwicklung, dem Unterhaltungssektor und für
Forschungsaufgaben mit hohen Visualisierungsanforderungen eine Rolle.
VR-Lösungen waren in der Regel komplexe, stationäre und
häufig für konkrete Szenarien konzipierte Installationen und
zudem sehr kostenintensiv. Seit einigen Jahren werden Software- und
Hardware-Komponenten für VR-Lösungen zunehmend erschwinglich
und für ein breites Anwenderspektrum nutzbar. Durch diese
Entwicklung gewinnen VR-Anwendungen auch für Einsatzgebiete mit
eher geringem Budget an Bedeutung, beispielsweise für die Aus- und
Weiterbildung.
Der Einsatz von VR- und AR-Technologien für Lehr-/Lernzwecke wurde
bereits seit den 90er Jahren mit dem Aufkommen aufwendiger Cave
Automatic Virtual Environments (CAVE)-Installationen für
Trainingszwecke und zur Inhaltsvisualisierung untersucht. Anfang der
2000er erlebte das Thema eine Renaissance durch virtuelle Online-Welten
wie Second Life und OpenSim, die beispielsweise kollaborative Szenarien
über spezielle Client-Software ermöglichten. Eine
flächendeckende Verbreitung wurde jedoch durch die teils
ressoucenintensiven Installationen sowie die nicht-triviale
Inbetriebnahme gebremst.
Seit 2013 erhält das Thema durch eine neue technologische
VR-Generation Aufschwung. Vor allem Head-Mounted Displays (HMD) wie
Oculus Rift, Samsung Gear VR und Google Cardboard sowie Daydream
ermöglichen auch dem Laien komplexe VR-Erfahrungen zu teils
günstigen Preisen. Diese Technologien profitieren zudem derzeit in
beträchtlichem Maße von verschiedenen parallelen
Entwicklungen:
- zunehmende Verfügbarkeit ausgereifter Eingabegeräte für Körpergesten (z.B. Microsoft Kinect)
- breites Angebot einfacher, offener und geräteübergreifender Softwarelösungen zur Erstellung von (z.B. Spiele-Editoren wie Unity)
- umfassende Investitionen und hohe Erwartungen der Internet- und Unterhaltungsindustrie (z.B. Facebook)
- Bereitstellung Internet-basierter, digitaler Vertriebsplattformen für VR-Anwendungen durch Hardware-Hersteller
- …
Die Kombination der
VR/AR-Technologien zur Mensch-Maschine-Interaktion eröffnet ein
breites Spektrum an Vorteilen für die mediengestützte Aus-
und Weiterbildung. So werden beispielsweise immersive, kontextuelle
Lernerlebnisse zur Veranschaulichung realweltlicher Informationen durch
das Ansprechen mehrerer Sinne intensiver als zuvor. Zudem wird eine
zuvor unerreichte Qualität der Veranschaulichung von Inhalten
erreicht und damit der Forderung konstruktivistischer Lerntheorien nach
authentischen Lernumgebungen entsprochen. Durch neue
Ein-/Ausgabegeräte wird weiterhin der Handlungsspielraum des
Lernenden und Lehrenden erweitert. Auch die gefühlte Präsenz
des Nutzers und damit verbundene Möglichkeiten wie z.B.
Perspektivwechsel haben ein großes Potential für den
Wissenserwerb.
Der aktuelle Hype im Bereich VR/AR führte auf Seiten der
Anwendungen zu einer beinahe unüberschaubaren Masse voneinander
isolierter Anwendungen (sog. Experiences). Es fehlen
systematische Integrationskonzepte, Gestaltungsanforderungen für
virtuelle Lernwelten und aussagekräftige Studien zu Lerneffekten
von VR/AR-Lernanwendungen bzw. deren Teilmechanismen. Auch Fragen der
Organisation derartiger Lehr-/Lernwerkzeuge im Rahmen institutioneller
Lehr-/Lernprozesse sind bisher weitestgehend ungeklärt. Der
Workshop möchte daher unter anderem diese Fragestellungen
thematisieren und zur Diskussion stellen.
Die Autoren der angenommenen Beiträge werden ihre Vorträge zu
aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Trends zu den Themen VR
und AR im Kontext von Lehr-/Lernprozessen im Rahmen des Workshops
halten. Neben klassischen Vorträgen werden Diskussionen der
Beiträge in den Vordergrund gestellt.
Beiträge, die im Rahmen des Workshops vorgestellt werden, umfassen
die folgenden Themen, sind aber nicht auf diese beschränkt:
- Theoretische Grundlagen von VR/AR in Bildungskontexten
- aktuelle und neue Ansätze und Entwicklungen im Bereich VR/AR für Lehr-/Lernszenarien
- Best Practice und Gestaltungsanforderungen für virtuelle Lehr/Lernwelten
- unterstützende Werkzeuge und Konzepte zur Entwicklung und Effizienzsteigerung von VR/AR-Lehr/Lernanwendungen
- systematische Integrationskonzepte für VR/AR-Lehr-/Lernanwendungen in übergreifende Frameworks
- Studien zu Lerneffekten von VR/AR-Lehr-/Lernanwendungen bzw. deren Teilmechanismen
- zukunftsfähige Strategien für die Einbindung von VR/AR-Lehr/Lernanwendungen in institutionelle Lehr-/Lernprozesse (z.B. an Hochschulen)
- Community-basierte VR/AR-Lehr-/Lernarrangements
- Mechanismen zur lernziel- und gruppenorientierten Anpassung von VR/AR-Inhalten
- kollaboratives Lernen mit VR/AR
- Architekturen und Infrastrukturen für VR/AR- Lehr-/Lernszenarien
- Sammlung und Bereitstellung von Daten zur Nutzung in VR/AR-Lernanwendungen
- Evaluation des Einsatzes von VR/AR in Bildungskontexten
- Sicherstellung und Steigerung von Immersion in VR/AR-Lehr/Lernanwendungen
- ethische und gesundheitliche Implikationen von VR/AR-Lehr-/Lernszenarien
Gesucht werden sowohl wissenschaftlich fundierte Beiträge, Studierendenbeiträge als auch Best-Practice-Beispiele und Fallstudien.